Er stand auf und sah aus dem Fenster. Draußen spielten Kinder Fußball, lachten, waren guter Dinge. Eine Frau klopfte gerade ihren Teppich aus. Ein Auto fuhr vorbei. Er sah wieder in sein Zimmer, sah die Unordnung, die sich dort schon seit einigen Tagen befand, seit seine Tochter gestorben war. Seitdem hatte er seine Wohnung nur sehr selten verlassen, eigentlich nur, wenn ihm nichts anderes übriggeblieben war. Er hatte Tag und Nacht in Unterhosen vor dem Fernseher gesessen und den größten Teil der Erbschaft seiner Eltern und Schwiegereltern versoffen. Jetzt stand er vor dem finanziellen Aus. Er war kurz vor dem sozialen Abstieg. Wenn er sich nicht bald einen Job besorgen könnte, würde man ihn aus der Wohnung werfen. Das wußte er. Noch konnte er seine Miete bezahlen, aber das Geld wurde langsam weniger. Doch wer würde einen Säufer, der sein Philosophie-Studium abgebrochen und sonst keine berufliche Ausbildung genossen hatte, überhaupt in seinen Betrieb aufnehmen? Es war hoffnungslos. Selbst wenn er eine neue Arbeitsstelle finden würde: Er war viel zu aufgewühlt, um vernünftig arbeiten zu können. Die Sehnsucht nach vergangenen Zeiten, nach einer Welt voller Liebe und Harmonie, die tiefen seelischen Schmerzen des Verlustes, der alles erstickende Kummer, dies alles machte konzentriertes Arbeiten für ihn unmöglich. Das wußte er genau. Er brauchte sich nur seine Wohnung anzusehen: Obwohl er als sehr ordnungsliebend - vielleicht sogar penibel - galt, hatte er die Wohnung sehr verwahrlosen lassen. Der Fußboden war ein einziges Tohuwabohu aus den verschiedensten Gegenständen: Dort lag Unterwäsche neben Geschirr, die Kekskrümel machten sich breit, einige davon waren bereits in den Teppichboden eingetreten, überall leere Flaschen. Es stank nach Alkohol, Schweiß und Scheiße. Joachim hielt es hier nicht mehr aus. Er mußte etwas ändern, und in seiner derzeitigen Lage gab es nur einen Ausweg.